
Lohnt sich Arbeiten 2026? Mindestlohn vs. Grundsicherung im Vergleich
Die Frage "Lohnt sich Arbeiten bei Grundsicherung?" beschäftigt viele Betroffene. Mit dem neuen Mindestlohn von 12,82 € (ab Januar 2025) und den Freibeträgen stellt sich die Frage: Wie viel mehr Geld habe ich wirklich, wenn ich arbeite? Dieser Ratgeber zeigt mit konkreten Rechenbeispielen, wann sich Arbeit finanziell lohnt und wie Sie die Freibeträge optimal nutzen.
Das Wichtigste in Kürze
Fazit vorweg: Arbeiten lohnt sich finanziell - aber der Unterschied ist oft geringer als erwartet.
- Minijob (538 €): ca. 180 € mehr pro Monat
- Teilzeit (20h/Woche): ca. 350-400 € mehr pro Monat
- Vollzeit Mindestlohn: ca. 400-500 € mehr pro Monat (als alleinstehende Person)
Die Freibeträge sorgen dafür, dass sich jede Arbeit lohnt - aber das "Abstandsgebot" (Arbeit muss sich deutlich mehr lohnen als Nicht-Arbeit) ist oft nur knapp erfüllt.
Der Mindestlohn 2025/2026
Aktuelle Werte
| Zeitraum | Mindestlohn pro Stunde | Monat (Vollzeit 40h) | Monat (20h Teilzeit) |
|---|---|---|---|
| Ab 01.01.2025 | 12,82 € | ca. 2.220 € brutto | ca. 1.110 € brutto |
| Ab 01.01.2026 (geplant) | ca. 13,50-14,00 € | ca. 2.340 € brutto | ca. 1.170 € brutto |
Hinweis: Der genaue Mindestlohn für 2026 wird von der Mindestlohnkommission festgelegt. Die Werte sind Schätzungen basierend auf der bisherigen Entwicklung.
Minijob-Grenze
Die Minijob-Grenze ist an den Mindestlohn gekoppelt:
| Jahr | Minijob-Grenze | Bei 12,82 € Mindestlohn |
|---|---|---|
| 2025 | 538 € | ca. 42 Stunden/Monat |
| 2026 | voraussichtlich höher | ca. 43-45 Stunden/Monat |
Freibeträge bei Erwerbseinkommen
So funktioniert die Anrechnung
Nicht jeder verdiente Euro wird vollständig auf die Grundsicherung angerechnet. Die Freibeträge sorgen dafür, dass sich Arbeit lohnt:
| Bruttoeinkommen | Freibetrag | Angerechnet wird |
|---|---|---|
| Bis 100 € | 100% frei | 0 € |
| 101 - 520 € | 20% frei | 80% |
| 521 - 1.000 € | 30% frei | 70% |
| 1.001 - 1.200 € (ohne Kinder) | 10% frei | 90% |
| 1.001 - 1.500 € (mit Kindern) | 10% frei | 90% |
Beispielrechnung Freibeträge
Bruttoeinkommen: 1.000 € monatlich
Berechnung des Freibetrags:
- Erste 100 €: 100 € frei
- 101-520 € (= 420 €): 20% = 84 € frei
- 521-1.000 € (= 480 €): 30% = 144 € frei
Gesamter Freibetrag: 328 € Angerechnetes Einkommen: 672 €
Das bedeutet: Von 1.000 € brutto behalten Sie effektiv 328 € zusätzlich zur gekürzten Grundsicherung.
Konkrete Rechenbeispiele
Ausgangssituation: Alleinstehende Person
Grundsicherung ohne Arbeit:
- Regelsatz Stufe 1: 563 €
- Kosten der Unterkunft (angenommen): 450 €
- Gesamt: 1.013 €
Beispiel 1: Minijob (538 €)
Einkommen:
- Minijob: 538 € brutto
Berechnung Freibetrag:
- Erste 100 €: 100 € frei
- 101-520 € (= 420 €): 20% = 84 € frei
- 521-538 € (= 18 €): 30% = 5,40 € frei
- Gesamter Freibetrag: 189,40 €
Neue Situation:
- Angerechnetes Einkommen: 538 € - 189,40 € = 348,60 €
- Regelsatz: 563 € - 348,60 € = 214,40 €
- KdU: 450 € (unverändert)
- Minijob-Einkommen: 538 €
Gesamtverfügbar: 1.202,40 € (+189,40 € mehr als ohne Arbeit)
Beispiel 2: Teilzeit 20 Stunden/Woche
Einkommen:
- 20h × 4,33 Wochen × 12,82 € = ca. 1.110 € brutto
- Nach Abzügen (SV): ca. 890 € netto
Berechnung Freibetrag (vom Brutto):
- Erste 100 €: 100 € frei
- 101-520 € (= 420 €): 20% = 84 € frei
- 521-1.000 € (= 480 €): 30% = 144 € frei
- 1.001-1.110 € (= 110 €): 10% = 11 € frei
- Gesamter Freibetrag: 339 €
Neue Situation:
- Angerechnetes Einkommen: 890 € - 339 € = 551 €
- Regelsatz: 563 € - 551 € = 12 € (aufgestockt)
- KdU: 450 € (unverändert)
- Arbeitseinkommen netto: 890 €
Gesamtverfügbar: ca. 1.352 € (+339 € mehr als ohne Arbeit)
Beispiel 3: Vollzeit Mindestlohn
Einkommen:
- 40h × 4,33 Wochen × 12,82 € = ca. 2.220 € brutto
- Nach Abzügen (SV, Steuer): ca. 1.650 € netto
Berechnung: Bei einem Nettoeinkommen von 1.650 € und Kosten der Unterkunft von 450 € liegt das Einkommen über dem Grundsicherungs-Bedarf. Es besteht kein Anspruch mehr auf Grundsicherung.
Situation:
- Nettoeinkommen: ca. 1.650 €
- Davon Miete + Nebenkosten: ca. 500-600 €
- Verbleibend: ca. 1.050-1.150 €
Vergleich zur Grundsicherung:
- Grundsicherung ohne Arbeit: 1.013 € gesamt
- Vollzeit Mindestlohn: ca. 1.650 € netto
- Mehr-Einkommen: ca. 637 € (aber: mehr Ausgaben für Mobilität, Kleidung etc.)
Beispiel 4: Alleinerziehende mit einem Kind
Grundsicherung ohne Arbeit:
- Regelsatz Mutter (Stufe 1): 563 €
- Regelsatz Kind 8 Jahre (Stufe 5): 390 €
- Mehrbedarf Alleinerziehende (12%): 67,56 €
- KdU (angenommen): 600 €
- Abzgl. Kindergeld: -250 €
- Gesamt Bedarf: ca. 1.370,56 €
Mit Teilzeit 20h/Woche (890 € netto):
- Freibetrag: ca. 339 €
- Angerechnetes Einkommen: 551 €
- Aufstockung: ca. 820 €
- Arbeitseinkommen: 890 €
- Gesamt verfügbar: ca. 1.710 € (+339 € mehr)
Übersichtstabelle: Was bleibt bei welcher Arbeit?
| Beschäftigung | Brutto | Netto ca. | Freibetrag | Mehr als ohne Arbeit |
|---|---|---|---|---|
| Minijob 538 € | 538 € | 538 € | 189 € | +189 € |
| Teilzeit 15h | 835 € | 720 € | 284 € | +284 € |
| Teilzeit 20h | 1.110 € | 890 € | 339 € | +339 € |
| Teilzeit 30h | 1.665 € | 1.250 € | 359 € | +400-500 € |
| Vollzeit 40h | 2.220 € | 1.650 € | - | +600-700 € |
Hinweis: Die Werte sind Näherungen. Das tatsächliche Ergebnis hängt von vielen Faktoren ab (Steuerklasse, KdU, Kinderzahl etc.).
Das Abstandsgebot erklärt
Was ist das Abstandsgebot?
Das Abstandsgebot (auch "Lohnabstandsgebot") besagt, dass Arbeitseinkommen spürbar höher sein sollte als Sozialleistungen. Kritiker argumentieren, dass der Abstand zu gering ist und sich Arbeit nicht "lohnt".
Die Realität in Zahlen
| Situation | Monatliches Einkommen | Abstand zur GS |
|---|---|---|
| Grundsicherung (alleinstehend) | ca. 1.013 € | Basis |
| Minijob + Aufstockung | ca. 1.202 € | +189 € (+19%) |
| Teilzeit + Aufstockung | ca. 1.352 € | +339 € (+33%) |
| Vollzeit Mindestlohn | ca. 1.650 € | +637 € (+63%) |
Versteckte Kosten der Arbeit
Bei der Berechnung "Lohnt sich Arbeiten?" müssen auch Kosten berücksichtigt werden:
| Kostenfaktor | Geschätzte Mehrkosten/Monat |
|---|---|
| Fahrtkosten (ÖPNV) | 49-100 € |
| Arbeitskleidung | 20-50 € |
| Mittagessen | 50-100 € |
| Kinderbetreuung | 0-400 € |
| Wegfall von Vergünstigungen | 20-50 € |
Realistische Mehreinnahmen bei Vollzeit:
- Brutto-Mehr: ca. 637 €
- Abzüglich Mehrkosten: ca. 100-300 €
- Netto-Mehr: ca. 337-537 €
Nicht-finanzielle Vorteile von Arbeit
Langfristige Vorteile
Neben dem unmittelbaren Einkommen gibt es wichtige langfristige Vorteile:
- Rentenansprüche: Jeder Monat Erwerbstätigkeit erhöht die spätere Rente
- Berufserfahrung: Verbessert Chancen auf bessere Jobs
- Soziale Kontakte: Arbeit bietet soziale Integration
- Selbstwertgefühl: Eigenes Einkommen stärkt das Selbstbewusstsein
- Weiterbildung: Im Job erworbene Fähigkeiten
- Keine Sanktionen: Arbeitende unterliegen nicht dem Sanktionsregime
Nachteile und Risiken
- Zeitaufwand: 40h Arbeit + Wege = weniger Freizeit
- Gesundheitliche Belastung: Je nach Job körperlich/psychisch
- Kinderbetreuung: Schwieriger zu organisieren
- Bürokratie: Einkommensanrechnung, Bescheidänderungen
- Unsicherheit: Bei Jobverlust droht wieder Grundsicherung
Strategien zur Optimierung
1. Freibeträge optimal nutzen
Der "Sweet Spot" liegt bei einem Bruttoeinkommen zwischen 520 € und 1.000 €:
- Bis 520 €: 20% Freibetrag
- Ab 521 €: 30% Freibetrag
- Ab 1.001 €: Nur noch 10% Freibetrag
Empfehlung: Ein Einkommen von ca. 1.000 € brutto bringt den höchsten relativen Vorteil.
2. Minijob als Einstieg
Vorteile des Minijobs:
- Kein Sozialversicherungsabzug (optional Rentenversicherung)
- Flexiblere Arbeitszeiten möglich
- Niedrigschwelliger Einstieg
- Ca. 189 € mehr pro Monat
3. Kombination von Maßnahmen
Wenn möglich, kombinieren Sie:
- Minijob + Weiterbildung (Qualifizierung für besseren Job)
- Teilzeit + Bildungsgutschein
- Minijob + Ehrenamt (soziale Integration)
4. Langfristig denken
Kurzfristig mag der Unterschied gering erscheinen. Langfristig summieren sich:
- 10 Jahre Minijob: +22.680 € (189 € × 120 Monate)
- 10 Jahre Teilzeit: +40.680 € (339 € × 120 Monate)
- 10 Jahre Vollzeit: +76.440 € (637 € × 120 Monate)
Dazu kommen höhere Rentenansprüche.
Häufige Fragen
Lohnt sich ein Minijob bei Grundsicherung?
Ja, ein Minijob lohnt sich finanziell. Bei einem 538-Euro-Minijob behalten Sie durch die Freibeträge etwa 189 Euro zusätzlich pro Monat. Das entspricht einem effektiven Stundenlohn von ca. 4,50 € auf die zusätzlichen Einnahmen. Zudem sammeln Sie Berufserfahrung und haben soziale Kontakte.
Wie viel darf ich bei Grundsicherung dazuverdienen?
Sie dürfen unbegrenzt dazuverdienen, aber das Einkommen wird mit Freibeträgen angerechnet. Die ersten 100 Euro sind komplett frei. Darüber hinaus werden 20-30% nicht angerechnet. Ab einem bestimmten Einkommen entfällt der Grundsicherungsanspruch komplett.
Warum lohnt sich Vollzeit kaum mehr als Teilzeit?
Der Grund liegt in den abnehmenden Freibeträgen: Bis 1.000 € brutto gibt es 20-30% Freibetrag, darüber nur noch 10%. Zudem fallen bei Vollzeit höhere Sozialversicherungsbeiträge und ggf. Steuern an. Dennoch haben Sie bei Vollzeit absolut mehr Geld und bauen Rentenansprüche auf.
Was passiert, wenn ich meinen Job verliere?
Bei Jobverlust können Sie sofort wieder Grundsicherung beantragen. Der Anspruch beginnt ab dem Tag der Antragstellung. Wichtig: Stellen Sie den Antrag sofort, nicht erst nach Ablauf eventueller Kündigungsfristen. Arbeitslosengeld I (falls Anspruch) wird auf die Grundsicherung angerechnet.
Werden Fahrtkosten zur Arbeit berücksichtigt?
Ja, bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung können zusätzlich zu den Freibeträgen auch Werbungskosten (Fahrtkosten, Arbeitskleidung) vom Einkommen abgezogen werden. Beim Minijob ist das nicht möglich, da hier pauschal die ersten 100 € anrechnungsfrei sind.
Lohnt sich Schwarzarbeit?
Nein, Schwarzarbeit lohnt sich nicht! Sie ist illegal und kann schwerwiegende Folgen haben: Strafverfahren, Rückforderung von Leistungen, Bußgelder bis 300.000 €. Zudem haben Sie keinen Unfallversicherungsschutz und sammeln keine Rentenansprüche. Die Freibeträge machen legale Arbeit attraktiv genug.
Fazit
Arbeiten lohnt sich bei Grundsicherung - finanziell und langfristig. Durch die Freibeträge haben Sie bei jedem Job mehr Geld als ohne Arbeit:
- Minijob: ca. 189 € mehr pro Monat
- Teilzeit: ca. 339 € mehr pro Monat
- Vollzeit: ca. 600 € mehr pro Monat
Dazu kommen nicht-finanzielle Vorteile wie Rentenansprüche, Berufserfahrung und soziale Kontakte. Der Abstand zwischen Grundsicherung und Arbeitseinkommen ist zwar oft geringer als erhofft, aber er ist vorhanden und summiert sich langfristig.
Unser Tipp: Beginnen Sie mit einem Minijob als niedrigschwelligen Einstieg und nutzen Sie Weiterbildungsangebote für den Aufstieg in besser bezahlte Beschäftigung.
Weiterführende Informationen
Für vertiefende Informationen empfehlen wir Ihnen folgende Artikel:
- Neue Grundsicherung 2026: Alle Änderungen
- Regelsätze 2025/2026: Die Nullrunde erklärt
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Quellen
Die Informationen basieren auf folgenden offiziellen Quellen:
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Leistungen und Bedarfe
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Mindestlohn
- Bundesagentur für Arbeit: Einkommen und Vermögen
Hinweis: Alle Angaben ohne Gewähr. Berechnungen sind Näherungen. Stand: Dezember 2025
Rechtlicher Hinweis: Die Informationen in diesem Ratgeber ersetzen keine professionelle Rechtsberatung. Die Rechenbeispiele dienen der Orientierung und können im Einzelfall abweichen. Bei komplexen rechtlichen Fragen empfehlen wir, einen Fachanwalt für Sozialrecht oder eine Sozialberatungsstelle zu konsultieren.