
Zuverdienst und Freibeträge 2026: So viel dürfen Sie behalten
Bei der Grundsicherung wird Einkommen auf die Leistung angerechnet - aber nicht alles! Durch die gestaffelten Freibeträge behalten Sie einen Teil Ihres Verdienstes. Dieser Ratgeber erklärt das Freibetragssystem, zeigt konkrete Rechenbeispiele und gibt Tipps zur optimalen Gestaltung.
Das Wichtigste in Kürze
Die Freibeträge im Überblick:
- Bis 100 €: Komplett anrechnungsfrei (Grundfreibetrag)
- 101-520 €: 20% anrechnungsfrei
- 521-1.000 €: 30% anrechnungsfrei
- 1.001-1.200 € (ohne Kinder): 10% anrechnungsfrei
- 1.001-1.500 € (mit Kindern): 10% anrechnungsfrei
Faustformel: Bei 1.000 € brutto behalten Sie ca. 328 € zusätzlich!
Die Freibetragsregelung im Detail
Gestaffelte Freibeträge bei Erwerbseinkommen
Das Freibetragssystem ist bewusst gestaffelt, um Arbeitsanreize zu schaffen:
| Einkommensbereich | Freibetrag | Was wird angerechnet |
|---|---|---|
| 0-100 € | 100% frei | Nichts |
| 101-520 € | 20% frei | 80% |
| 521-1.000 € | 30% frei | 70% |
| 1.001-1.200 € | 10% frei | 90% |
| Ab 1.201 € | 0% frei | 100% |
Erweiterte Grenze mit Kindern
Für Personen mit minderjährigen Kindern in der Bedarfsgemeinschaft gilt:
| Einkommensbereich | Freibetrag |
|---|---|
| 1.001-1.500 € | 10% frei |
| Ab 1.501 € | 0% frei |
Grafische Darstellung
Einkommen: 100€ 520€ 1.000€ 1.200€
| | | |
Freibetrag: 100% 20% 30% 10%
↓ ↓ ↓ ↓
Behalten: 100€ 84€ 144€ 20€
Rechenbeispiele
Beispiel 1: Minijob (538 €)
Ausgangssituation:
- Alleinstehend, Regelsatz 563 €
- Minijob mit 538 € brutto/netto
Berechnung Freibetrag:
- Erste 100 €: 100 € × 100% = 100 € frei
- 101-520 € (420 €): 420 € × 20% = 84 € frei
- 521-538 € (18 €): 18 € × 30% = 5,40 € frei
Ergebnis:
- Gesamter Freibetrag: 189,40 €
- Angerechnetes Einkommen: 538 € - 189,40 € = 348,60 €
- Gekürzter Regelsatz: 563 € - 348,60 € = 214,40 €
- Verfügbar gesamt: 538 € + 214,40 € + KdU = mehr als ohne Arbeit!
Beispiel 2: Teilzeit 20h/Woche (1.000 € brutto)
Ausgangssituation:
- Alleinstehend, Regelsatz 563 €
- Teilzeit mit 1.000 € brutto, ca. 820 € netto
Berechnung Freibetrag (vom Brutto!):
- Erste 100 €: 100 € × 100% = 100 € frei
- 101-520 € (420 €): 420 € × 20% = 84 € frei
- 521-1.000 € (480 €): 480 € × 30% = 144 € frei
Ergebnis:
- Gesamter Freibetrag: 328 €
- Anzurechnendes Brutto: 1.000 € - 328 € = 672 €
- Vom Netto abzuziehen: 672 € (Anrechnung vom Brutto, Abzug vom Anspruch)
- Aufstockung nötig? Hängt von KdU ab
Beispiel 3: Vollzeit Mindestlohn (2.200 € brutto)
Ausgangssituation:
- Alleinstehend, Regelsatz 563 €
- Vollzeit mit 2.200 € brutto, ca. 1.650 € netto
Berechnung Freibetrag:
- Erste 100 €: 100 € frei
- 101-520 €: 420 € × 20% = 84 € frei
- 521-1.000 €: 480 € × 30% = 144 € frei
- 1.001-1.200 €: 200 € × 10% = 20 € frei
- Ab 1.201 €: 0% frei
Ergebnis:
- Gesamter Freibetrag: 348 €
- Anrechnung: 2.200 € - 348 € = 1.852 €
- Bei Bedarf 1.013 € (563 € + 450 € KdU): Kein GS-Anspruch mehr
Beispiel 4: Alleinerziehende mit Kind (1.300 € brutto)
Ausgangssituation:
- Alleinerziehend, 1 Kind (8 Jahre)
- Regelsatz: 563 € + 390 € + Mehrbedarf 67,56 € = 1.020,56 €
- Teilzeit mit 1.300 € brutto
Berechnung Freibetrag (erweiterte Grenze!):
- Erste 100 €: 100 € frei
- 101-520 €: 420 € × 20% = 84 € frei
- 521-1.000 €: 480 € × 30% = 144 € frei
- 1.001-1.300 €: 300 € × 10% = 30 € frei
Ergebnis:
- Gesamter Freibetrag: 358 €
- Anrechnung: 1.300 € - 358 € = 942 €
- Aufstockung: 1.020,56 € - 942 € + KdU-Anteil
Übersichtstabelle: Freibeträge nach Einkommen
| Bruttoeinkommen | Freibetrag | Angerechnet | Effektiver Mehrverdienst |
|---|---|---|---|
| 100 € | 100 € | 0 € | 100 € |
| 200 € | 120 € | 80 € | 120 € |
| 300 € | 140 € | 160 € | 140 € |
| 400 € | 160 € | 240 € | 160 € |
| 538 € | 189 € | 349 € | 189 € |
| 600 € | 208 € | 392 € | 208 € |
| 800 € | 268 € | 532 € | 268 € |
| 1.000 € | 328 € | 672 € | 328 € |
| 1.200 € | 348 € | 852 € | 348 € |
| 1.500 €* | 378 € | 1.122 € | 378 € |
*Mit Kindern in der BG
Besondere Einkommensarten
Einmalige Einnahmen
Einmalige Einnahmen werden auf 6 Monate verteilt:
| Einnahme | Beispiel | Verteilung |
|---|---|---|
| Abfindung | 6.000 € | 1.000 €/Monat für 6 Monate |
| Steuererstattung | 600 € | 100 €/Monat für 6 Monate |
| Erbschaft | 3.000 € | 500 €/Monat für 6 Monate |
Selbstständige Tätigkeit
Bei Selbstständigkeit gilt:
- Betriebsausgaben werden abgezogen
- Gewinn ist das anrechenbare Einkommen
- Vorläufige Bewilligung für 6 Monate
- Endabrechnung nach Vorlage der BWA/EÜR
Nicht angerechnete Einnahmen
Folgende Einnahmen bleiben komplett anrechnungsfrei:
| Einnahme | Grund |
|---|---|
| Kindergeld | Wird beim Kind angerechnet, nicht beim Elternteil |
| Pflegegeld | Zweckgebundene Leistung |
| Schmerzensgeld | Entschädigung für immateriellen Schaden |
| Aufwandsentschädigungen (bis 250 €) | Ehrenamtspauschale |
| BAföG-Darlehen | Darlehensanteil |
Tipps zur Optimierung
1. Der "Sweet Spot"
Der beste Freibetrag-Ertrag liegt bei Einkommen zwischen 520 € und 1.000 €:
- Hier gilt 30% Freibetrag
- Pro 100 € mehr Verdienst: 30 € mehr behalten
- Ab 1.001 € nur noch 10% Freibetrag
2. Minijob als Einstieg
Vorteile des 538-€-Minijobs:
- Kein Sozialversicherungsabzug (brutto = netto)
- Ca. 189 € Freibetrag
- Flexibler als sozialversicherungspflichtige Jobs
- Guter Einstieg in den Arbeitsmarkt
3. Werbungskosten geltend machen
Zusätzlich zum Freibetrag können abgezogen werden:
| Werbungskosten | Beispiele |
|---|---|
| Fahrtkosten | 0,20 € pro Entfernungs-km |
| Arbeitskleidung | Berufskleidung, Schutzbekleidung |
| Arbeitsmittel | Werkzeuge, Fachliteratur |
| Fortbildung | Kursgebühren (wenn nicht vom AG) |
Hinweis: Beim Minijob sind die ersten 100 € bereits pauschal frei - Werbungskosten lohnen sich erst bei höherem Einkommen!
4. Jobwechsel-Timing
Bei Jobwechsel mit Einkommensänderung:
- Änderung sofort dem Jobcenter melden
- Neuer Bescheid wird erstellt
- Rückwirkende Korrekturen vermeiden
Anrechnung bei Bedarfsgemeinschaft
Horizontale Einkommensverteilung
In einer Bedarfsgemeinschaft wird Einkommen horizontal verteilt:
- Jede Person deckt zuerst ihren eigenen Bedarf
- Überschuss wird auf andere BG-Mitglieder verteilt
- Kinder haben eigenes Einkommen (Kindergeld, Unterhalt)
Beispiel: Paar mit Kind
Situation:
- Partner 1: 1.200 € brutto (ca. 950 € netto)
- Partner 2: kein Einkommen
- Kind (10 Jahre): 250 € Kindergeld
Berechnung:
- Partner 1: Freibetrag 348 €, Anrechnung 852 €
- Kind: Kindergeld wird beim Kind angerechnet
- Aufstockung für die gesamte BG
Häufige Fragen
Wie viel darf ich bei Grundsicherung dazuverdienen?
Sie dürfen unbegrenzt dazuverdienen - es gibt keine Höchstgrenze. Allerdings wird das Einkommen mit Freibeträgen angerechnet: Die ersten 100 € sind komplett frei, darüber 20-30%. Ab einem bestimmten Einkommen entfällt der Grundsicherungsanspruch komplett.
Wird der Freibetrag vom Brutto oder Netto berechnet?
Der Freibetrag wird vom Bruttoeinkommen berechnet. Die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern werden zusätzlich abgezogen. Beim Minijob ist Brutto = Netto, daher ist die Berechnung einfacher.
Muss ich jeden Nebenverdienst melden?
Ja, jedes Einkommen muss dem Jobcenter gemeldet werden - auch Minijobs, einmalige Einnahmen und Nebentätigkeiten. Nicht gemeldetes Einkommen führt zu Rückforderungen und kann als Betrug gewertet werden.
Wird Kindergeld auf die Grundsicherung angerechnet?
Ja, aber beim Kind, nicht bei den Eltern. Das Kindergeld mindert den Grundsicherungsanspruch des Kindes. Wenn das Kind dadurch keinen Anspruch mehr hat, kann der Überschuss auf die Eltern angerechnet werden.
Lohnt sich ein 520-Euro-Job mehr als ein 1.000-Euro-Job?
Pauschal: Nein. Bei 1.000 € brutto haben Sie absolut mehr Geld als bei 520 €. Der relative Vorteil (Freibetrag pro verdientem Euro) ist bei 520-1.000 € aber am höchsten (30%). Die Entscheidung hängt von Ihrer Gesamtsituation ab.
Was passiert bei Überzahlung?
Wenn Sie Einkommen zu spät oder falsch gemeldet haben und zu viel Grundsicherung erhalten haben, müssen Sie den Betrag zurückzahlen. Bei Erstattungsforderungen können Ratenzahlungen vereinbart werden.
Fazit
Das Freibetragssystem bei der Grundsicherung sorgt dafür, dass sich Arbeit immer lohnt. Bei jedem Verdienst behalten Sie einen Teil: mindestens 100 € bei kleinen Jobs, bis zu 378 € bei höherem Einkommen. Der "Sweet Spot" liegt zwischen 520 € und 1.000 € brutto - hier ist der relative Vorteil am größten.
Unsere Tipps:
- Melden Sie jedes Einkommen sofort
- Nutzen Sie den Minijob als Einstieg
- Machen Sie Werbungskosten geltend
- Prüfen Sie Ihre Bescheide auf korrekte Berechnung
Weiterführende Informationen
Für vertiefende Informationen empfehlen wir Ihnen folgende Artikel:
- Lohnt sich Arbeiten 2026? Mindestlohn vs. Grundsicherung
- Neue Grundsicherung 2026: Alle Änderungen
- Kosten der Unterkunft (KdU) 2026
- Beratungsstellen finden
Nutzen Sie auch unseren Grundsicherung-Rechner für eine individuelle Berechnung Ihres Anspruchs.
Quellen
Die Informationen basieren auf folgenden offiziellen Quellen:
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Einkommen beim Bürgergeld
- Bundesagentur für Arbeit: Einkommen und Vermögen
- SGB II § 11b: Absetzbeträge
Hinweis: Alle Angaben ohne Gewähr. Stand: Dezember 2025
Rechtlicher Hinweis: Die Informationen in diesem Ratgeber ersetzen keine professionelle Rechtsberatung. Bei komplexen Einkommenssituationen empfehlen wir, eine Sozialberatungsstelle zu konsultieren.